1. PotsBlitz: Verlängerung der Studienzeiten

    Bachelor-Studienzeit
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    Im Zuge des Bildungsstreiks in diesem Jahr hat die Kultusministerkonferenz eine Erklärung abgegeben. In dieser werden die Hochschulen unter anderem dazu aufgefordert die vorhandene Bandbreite von sechs bis zu acht Semestern Regelstudienzeiten in Bachelor-Studiengängen zu nutzen.

    Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann hat hierzu letzte Woche angekündigt, dass mehr achtsemestrige Bachelor-Studiengänge geschaffen werden sollen. Dies würde u. a. die Mobilität und die Prüfungslast der Studierenden verbessern.

    Wie ist Ihre Meinung zur Verlängerung der Bachelor-Studienzeit? Machen Sie bei unserer aktuellen PotsBlitz-Umfrage mit und schreiben Sie einen Kommentar zu diesem Blogeintrag! Wäre eine solche Maßnahme in Ihrem Studiengang sinnvoll?

    in: PotsBlitz. | 7 Kommentare

Kommentare Rss

  • unibrennt am 7. Dezember 2009 17:12

    Mehr Zeit für den BA ist eine gute Sache. Nur wie ist dann der Übergang zum Master gergegelt? Besonders, wenn mann an eine andere Uni wechseln möchte wo der BA vielleicht nur 6 Semester hat? Ich denke, es ist wichtig den Master miteinzubeziehen. Aussagen, wie die des Ministers aus Niedersachsens sind für mich nicht viel mehr als leere Worte und der Versuch dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen.

  • sachse am 8. Dezember 2009 16:56

    "unibrennt"... allein der Name/das Motto sagt einiges darüber aus, wie man diese ganze Aktion einzuschätzen hat. Keine Antwort auf die Frage von "unibrennt", aber das Nutzen der Gelegenheit, einmal meine Meinung kund zu tun:

    Ich stimme zu, dass man den Zeitdruck ein wenig raus nehmen muss. Insbesondere, weil man sozial benachteiligte Gruppen nicht generell ausschließen sollte, solange man keine Alternative zum "nebenher Arbeiten gehen" bekommt. Und ein Finanz-Kredit mit Zinsen ist m.E. keine Alternative. Der Zeitdruck im Studium ist Fehleinschätzungen bzw. der Eile bei der Umsetzung der neuen Studienordnungen zuzuschreiben. Unter zu straffen Bedingungen kommt auch nichts raus. Aber das werden die Zahlen zeigen demnächst.

    An einer Sache lässt sich doch aber nicht rütteln: Man studiert in erster Linie, um sich eine bestimmte (auch begrenzte) Menge an Grundlagen- und aktuellem Wissen anzueignen, sich dieses Wissen durch einen Abschluss bescheinigen lassen zu können (kein Hehl daraus) und dieses Wissen anschließend der Allgemeinheit - die das Studium finanziert hat - wieder "zurückzugeben". Auf das "Zurückgeben" kommt es heute leider mehr denn je an. Ein Studium kostet dem Steuerzahler Geld, das bekanntlich derzeit knapp ist. Je mehr Studierende (gut) und je länger die Studiendauer (schlecht), desto weniger wahrscheinlich ist ein gesamt gesellschaftlicher Nutzen (schlecht).

    Das mag "hart" und "kalt" klingen - kommt aber dennoch "vom warmem Herzen". Ein Umdenken bei den jungen Studierenden muss zu dieser Zeit erzwungen werden. Gleichzeitig muss sich die Deutsche Bevölkerung im Klaren werden, was es wirklich will, endlich dem Lobbyismus den Gar ausmachen (hier z.B. würde ich radikal werden an eurer Stelle) und die Investitionen neu ausrichten und effektiver gestalten u.v.m.

    Und wenn wir irgendwann wieder Luft haben, dann dürfen wir auch wieder zwei/drei Semester länger studieren und uns eines schöngeistigen Lebens erfreuen. Pech gehabt.

    der Sachse

  • Berliner am 27. Januar 2010 11:53

    "Pech gehabt"- sagt der Sachse und übersieht vll etwas? Die sozio-ökonomische Rechnung mit vielen Kurzzeitstudenten im Sinne eines effektiven Tausches von Steuergeld gegen Uniwissen muss nicht effizient sein, denn die Qualitäten des Individuums sind maßgeblich. Theoretischen Input der Uni in effiziente Praxis des Berufsalltages umzusetzen bedeutet mehr als nur zu lernen: es braucht studieren, also selbstständig denken und über den Tellerrandschauen.

    Derjenigen, der seine gewonnenen zwei Semester dafür nicht nutzt, sei Sündebock der Steuerzahler, aber diejenigen die diese Zeit auf eine Art und Weise nutzen, die der Herzens- und Geistesbildung beiträgt, sind eine rare - aber wertvolle Bereicherung für unsere Gesellschaft.

  • M Wagner am 6. Februar 2010 18:01

    Ich denke, es sollte nach einer flexiblen Lösung gesucht werden, bei der Studenten individuell nach ihren Kapazitäten entscheiden können, ob sie sechs oder acht Semester studieren wollen. Eine grundsätzliche Umstellung auf acht Semester halte ich für falsch - dann würde für den Master (falls man noch einen anschließt, was viele Studenten momentan anstreben) nur noch ein Jahr bleiben, bzw. wenn man berücksichtigt, dass das letzte Semester vor allem für die Masterarbeit vorgesehen ist, bleibt nur noch ein Semester, um sich im Master inhaltlich zu vertiefen - das ist einfach zu wenig um sich im Master noch weiter vertiefen zu können. Wichtiger als die Studienzeiten im Bachelor zu erlängern, finde ich es, mehr Freiräume zu schaffen, in denen sich die Studierenden nach ihren Interesse mit ihrem Fach auseinandersetzen können, dass Zeit bleibt, sich selbstständig zu vertiefen, wo man möchte. Im Moment krazt man nur an der Oberfläche, zum Teil von Themen, die vorgegeben sind, einen aber nicht interessieren. Meiner Meinung nach lässt sich die Studienqualität dadurch erhöhen, dass am Pflichtstoff gekürzt und mehr Wahlfreiheiten gegeben werden, in denen wir uns nach eigenen Interessen und Verantwortung da weiterbilden können, wo wir wollen.

  • Der Preuße am 17. Februar 2010 08:20

    Wenn Du, Sachse, meinst, daß Studenten im Rahmen ihres Studiums an der Universität Potsdam keine Werte für die Allgemeinheit schaffen, magst Du damit derzeit vielleicht bedauerlicherweise gar nicht völlig falsch liegen. Allerdings bezweifele ich, daß das eine inhärente Eigenschaft des Konzeptes Studium ist. Vielmehr könnte das daran liegen, daß Studenten heutzutage nicht mehr, wie früher, in die Forschung einbezogen werden. Wer nur noch unter Zeitdruck und ohne jeglichen Kontakt zu den Forschern der Universität völlig praxisferne Lehrpläne abstottert, kann ja im Rahmen seines Studiums gar keinen "Nutzen" bringen.

    Ein schönes Symptom dieser Problematik ist meiner Meinung nach auch der Umstand, daß (zumindest an meinem Institut und bei für meine Spezialisierung wichtigen Professoren) kein einziges Thema für Abschlußarbeiten angeboten wird (bzw. war das noch im letzten Jahr so, ich stehe mittlerweile mit der Wirtschaft in Kontak bzgl. Thema). Da fragt man sich, ob an dieser Universität überhaupt geforscht wird, wenn sich offensichtlich gar keine Fragen ergeben, die der Bearbeitung bedürften.

    In einem Seminar wurde zudem einmal die Frage gestellt, was Kreativität sei. Der einstimmige Tenor war sinngemäß: "ein zielgerichteter, planvoller schöpferischer Prozeß". Daß die Gefahr einer Zielvorgabe aber darin bestehen kann, daß sie bis auf abzählbar viele alle möglichen Resultate ausschließt, und daß manchmal auch das Zerstören von gewohntem der eigentlich kreative Akt sein kann, war in diesem Rahmen meinem Eindruck nach nicht zu kommunizieren. Auch das ist vielleicht symptomatisch, daß an der Universität Potsdam scheinbar vor allem altes geflickt wird, aber das finden völlig neuer Konzepte nicht so sehr in den Rahmen paßt.

  • Sachse am 18. Februar 2010 11:15

    Vielen Dank für Eure Posts Berliner, M und Preuße! Ich stimme euch im Großen und Ganzen auch zu, nur hat alles wie immer seine zwei Seiten.

    @Berliner: ja, ich stimme dir natürlich zu, was den "Wert" von lang und gut ausgebildeten Geisteswissenschaftlern und anderen anbelangt. Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt, sondern versucht, eine Theorie/einen Erklärungsansatz zu finden. Ich bin davon überzeugt, dass unser Schulsystem zunehmend schlechte Abgänger produziert (sicher nicht nur).

    Ich wage darauf aufbauend mal folgende These/Denkvorstoß: Ist es nicht vielleicht auch so, dass das Bachelor-Studium die jungen Menschen produzieren soll, die wir im ideal eigentlich schon als Abiturienten uns wünschten? Vielleicht bräuchten wir gar kein verschultes Bachelor-Studium? Aus dieser Blickrichtung macht auf einmal auch die Ausbildung nach der 10. Klasse wieder einen Sinn? Und ja, Ausbildungswillige sind ja auch gefragt derzeit. Vielleicht sollten wir mal das Abitur in Frage stellen? Oops, zumindest dessen Inhalte, die ich zu großen Teilen auch erst in ein weiterführendes Studium einordnen würde, bspw. Interpretationen von Goethes Faust (mit 16/17 verstand ich das jedenfalls noch nicht so, wie es gemeint ist und was es eigentlich bedeutet und worin der -- wirklich vorhandene -- Wert der Literatur liegt). Ach ja, und den Mathestoff der 12./13. Klasse hätte ich auch nur einmal (im Bachelor-Studium) machen brauchen. "Wie, du hast kein Abitur? Vielen Dank, auf Wiedersehen!" Warum? In der Schule schon ab der achten Klasse für verschiedene Fachrichtungen sensibilisieren und ausprobieren lassen (Praktikum u.a.). Ui, ja, das erinnert mich an PA :-) (Mhm, warum kommt mir das alles so bekannt vor?) Und dann eine Ausbildung oder "Bachelor ähnliches" nach der 10. Klasse machen. Abitur. Ja, brauche ich das heute? Bachelor und Ausbildung gleichberechtigt. Ja, das würde doch passen? Im Anschluss der Ausbildung/Bachelor könnte man sich entscheiden, ob man "mehr braucht". Und wenn ja, dann ist gut. Und geil, die Bachelor-Abgänger wären erst 20. Man, das wäre doch toll... oder?

    Der Sachse

  • picard aka lwilleck@uni-potsdam. am 9. November 2011 21:49

    Ich kann hier im Großen und Ganzen nur dem Preußen und Wagner beipflichten. Mehr Zeit (je nach Bedarf) in Verbindung mit mehr Freiheit bei der Gestaltung des Studiums wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

    Desweiteren müsste man auch die Vorgaben für die Dauer des Studiums und die Arbeitszeit pro LP neu überdenken. Nach meiner Berechnung müsste man um 30LP pro Semester zu erreichen (was notwendig ist zur Einhaltung der Regelzeit) nach den allgemeinen Berechnungsmodalitäten ungefähr 55-60std. pro Woche mit dem Studium verbringen. Auch wenn es tatsächlich oft nur 45-50std die Woche sind, ist dies bei weitem zuviel, sofern man nicht weitestgehend auf sein Privatleben (also die 'Pflege' von sozialen Kontakten und die Beschäftigung mit eigenen Interessen) verzichten möchte. Zudem kommt ja für viele noch hinzu, dass sie Zeit für den Erwerb ihres Lebensunterhaltes benötigen. Alles in allem führt das häufig zu viel Stress und Frust, da man weder voll seinem Studium noch seinen privaten Angelegenheiten nachgehen kann. Burnout & Co. sind da für mittlerweile 10% (ungefähr) der Studierenden die Folge.

    Wenn man nun wie der Sachse eine 'einfache' Rechnung zur Rentabilität des Studiums für die Gesellschaft aufstellen möchte, darf man dies nicht außer acht lassen. Es ist außerdem zu bezweifeln, dass eine kürzere Studiendauer tatsächlich auch zu einem besserem Ergebnis führt und somit zu einer höheren Rentabilität bzw. ROI (der Preuße hat dies ja schon weiter abgehandelt..).

    Zudem halte ich es auch Abseits wirtschaftlicher Betrachtungen für wichtig (meist jungen) Menschen den Raum zu geben, sich persönlich zu Entwickeln. Ziel der Bildung sollte ja aus guten Gründen auch die Förderung und Weiterentwicklung von selbständigen, verantwortungsbewussten sowie ethisch korrekt handelnden Menschen sein. Den gerade diese Eigenschaften/Werte sind für eine Gesellschaft von äußerster Wichtigkeit und bringen um auf die Rentabilität zurück zu kommen bei weitem mehr als pures Fachwissen.

    Die Frage lautet also nicht, ob wir es uns leisten können die Studienzeit und Art und Weise des Studiums zu verändern, sondern vielmehr ob wir es uns leisten können, dies nicht zu tun. Wissenschaftliche Studien sprechen da eine ganz klare Sprache --> nichts lohnt mehr als Investitionen in gute Bildung. Ergo lautet mein Plädoyer: mehr Geld (für Schulen und Hochschulen sowie die finanzielle Unterstützung von Studierenden), Zeit und Freiheit beim Studieren.

    Lg Picard

    Ps.: eine kritischere Auseinandersetzung (oder überhaupt stattfindende Auseinandersetzung) mit Studieninhalten beispielsweise in den Wirtschaftswissenschaften wäre absolut wünschenswert, vor allem im Kontext globaler Wirtschaftskrisen und deren Folgen.

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